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Als Arbeitspädagoge auf dem Segelschiff unterwegs

Einsame Sandstrände, Palmen, türkisfarbenes Wasser, angetrieben vom warmen Passatwind von Bucht zu Bucht segeln.

Einsame Sandstrände, Palmen, türkisfarbenes Wasser, angetrieben vom warmen Passatwind von Bucht zu Bucht segeln. Diesen Alltag hat Arne Schmidt gegen eine Umschulung zum Arbeitspädagogen im BFW in Kirchseeon getauscht, um anschließend den neu erlernten Beruf mit seiner Segelleidenschaft zu verbinden.


Arne Schmidt wurde 1972 in Essen geboren. Nach dem Abitur machte Schmidt eine Zimmererlehre. Drei Jahre war er anschließend „auf der Walz“, zog also als junger Handwerker durchs Land. Anschließend widmete er sich ganz seinem ­Hobby, dem Segeln: Mit Anfang 20 zog es ihn von Essen in die weite Welt. Über Ruhr, Rhein, Ärmelkanal und Atlantik bis ­Venezuela und wieder zurück. Allein auf seinem zehn Meter langen ­Segelboot. Als Sohn eines begeisterten Seglers wurde ihm die Liebe zum Wassersport bereits in die Wiege gelegt. Neun Mal hat Arne Schmidt inzwischen den Atlantik mit einem Segelboot überquert.


Auch beruflich hatte Arne Schmidt Rückenwind: 2002 besuchte er die Technikerschule in Dresden, machte den Bautechniker und den Zimmerermeister gleich hinterher. In Regensburg machte er sich mit einer Zimmerei selbstständig. Doch der Traum von einer Weltumsegelung ließ ihn nicht los. Und so stach er 2008 erneut in See – vom Rhein ging es los in Richtung Karibik. Auf der Inselgruppe der Antillen, genauer gesagt auf Antigua und Barbuda, wurde er sesshaft.


Schmidt arbeitete für Bootsbauer aus der Superyacht-Branche. In der Yachtszene der Schönen und Reichen sind die Karibikinseln bekannt und beliebt, Schiffe für hohe Millionenbeträge sind keine Seltenheit. „Es gab Schiffe mit goldenen Wasserhähnen und 20 Angestellten, von denen manche nur fürs Putzen und Polieren der Yacht zuständig waren“, erinnert sich Schmidt. Mit Edelhölzern wie Teak oder Mahagoni rekonstruierte Arne Schmidt Schäden an alten Holzyachten oder war für die Innen­einrichtung von mehrstöckigen Luxusyachten zuständig. Schnell hatte er sich einen guten Ruf erarbeitet: „Call the german“, hieß es im Hafen, wenn Holzarbeiten zu vergeben waren. „Ich habe gut verdient und tolle Jobs bekommen“, denkt Schmidt gerne an diese Zeit zurück.


Bis zu dem Tag im Jahr 2013, nach dem nichts mehr so war wie vorher: Schmidt arbeitete mit einer Kreissäge, diese war ­defekt wie sich später herausstellte. Bei dem Arbeitsunfall erlitt Schmidt schwerste Augenverletzungen. Nach einer Notoperation wurde er zur weiteren Behandlung nach Deutschland ausgeflogen. In einer mehrstündigen OP konnten die Ärzte das Auge retten, allerdings nur mit gut 10 % der Sehkraft. „Ich gebe nicht klein bei“, nahm sich Arne Schmidt vor. In Regensburg arbeitete er wieder als Schreiner. Doch nur drei Jahre später setzten drei Bandscheibenvorfälle der Handwerker-Karriere ein Ende.


Noch während der medizinischen Reha stellte Schmidt den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, der von der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd genehmigt wurde. „Ich wollte etwas mit Menschen machen, ich bin kein Bürotyp“, so Schmidt. Die Wahl fiel auf den Beruf des Arbeitspädagogen, Schmidt zog ins Internat des BFW in Kirchseeon.


Während des Praktikums erfuhr er von der Option, das Segeln und den neuen Beruf zu kombinieren. Nach der Abschlussprüfung heuerte Schmidt in Barcelona auf der „Noah“ an. Auf dem 20 Meter langen ehemaligen ­Fischkutter eines ­österreichischen Vereins werden schwerst verhaltensauffällige Kinder und ­Jugendliche betreut. Der Zwei­master bietet Platz für zwölf Personen. Segelphasen und Schulphasen in den Häfen wechseln sich ab, zum Unterricht wird eigens eine Lehrerin eingeflogen.


Drogen, Diebstähle, Gewalt und Missbrauch – aus diesem Sumpf sollen die Jugendlichen auf der therapeutischen Reise herausgeholt werden. Das Schiff bietet einen geschützten Raum mit klaren Strukturen, fernab von alten Verhaltensmustern. Das Leben auf engem Raum zwingt zu Rücksicht und neuen Konfliktlösungen. Das Segeln ermöglicht zudem Grenz­erfahrungen durch neue körperliche und technische Herausforderungen. Das Schiff „Noah“ – für die Jugendlichen die Chance auf ein neues Leben, für Arne Schmidt sein Traumarbeitsplatz.