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Bayerische Berufsförderungswerke machen Inklusion zur Chefsache

Am 23. Juli haben die bayerischen Berufsförderungswerke das erste regionale Expertenforum "Chefsache Inklusion" im Münchner Flughafen ausgerichtet.

„Das Thema Inklusion ist bei den Unternehmen angekommen.“ So lautet das Fazit des Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbands Deutscher Berufsförderungswerke, Ludger Peschkes, nach dem ersten regionalen Expertenforum „Chefsache Inklusion“ in Bayern. Über 60 hochrangige Vertreter der bayerischen Wirtschaft, der Politik und der Sozialverbände hatten sich am 23. Juli im Flughafen München zu diesem Wissens- und Erfahrungsaustausch rund um die Einstellung und Weiterbeschäftigung von Menschen
mit Behinderung getroffen. Eingeladen hatten dazu die Berufsförderungswerke München, Nürnberg und Würzburg.

Inklusion "unternehmerische Notwendigkeit"

Auf der Tagesordnung standen Expertenvorträge zum Thema Demografie und Fachkräftesicherung, Praxisbeispiele gelebter Inklusion in namhaften Unternehmen und Workshops zur Erarbeitung von Zukunftsperspektiven. Die Erkenntnis der Veranstaltungsteilnehmer: Inklusion ist nicht nur ein soziales Anliegen, sondern angesichts der demografischen Entwicklung eine unternehmerische Notwendigkeit. „Zwischen 2018 und 2025 werden 25 Prozent aller Arbeitnehmer bundesweit in Rente gehen“, erklärte Prof. Dr. Jutta Rump, Direktorin am Institut für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen. Der dadurch ausgelöste Fachkräftemangel werde sich nicht allein durch Migration lösen lassen. „Wir brauchen die Potenziale von Menschen mit Behinderung. Die Berufsförderungswerke sind deshalb in der Arbeitswelt von Morgen ein wichtiger strategischer Baustein.“ Der Leiter Berufliche Bildung der Industrie- und Handelskammer Oberbayern, Dr. Josef Amann, bezeichnete die Berufsförderungswerke daher sogar als „Premiumpartner für die Wirtschaft“. Nirgendwo sonst stünden mehr Fachwissen und Ressourcen für die zielgerichtete Ausbildung von Menschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen zur Verfügung.

Inklusion als "Win-Win-Situation" für Unternehmen und Beschäftigte

Positive Erfahrungen mit Inklusion gibt es in Bayern viele. So spielt im Flughafen München schon seit Jahren das Thema „Leistungsgewandelte Mitarbeiter“ eine wichtige Rolle, wie Personalleiter Dr. Robert Scharpf berichtete. Wer körperlich zu schwerer Arbeit nicht mehr in der Lage sei, werde nicht gekündigt sondern anderweitig eingesetzt. So habe man beispielsweise Gepäckverlader zu Bordkartenkontrolleuren umgeschult und die Arbeitsplätze damit erhalten. Auch der Baur Versand im oberfränkischen Burgkunstadt setzt schon seit Jahren leistungsgewandelte Mitarbeiter ein. Personalerin Doris Bergmann berichtete zum Beispiel von einem Koch, der in Folge von Alkoholproblemen seine Arbeit verlor. Es folgte zuerst eine Therapie und dann die Umschulung zum Informatikkaufmann in einem Berufsförderungswerk. Heute sei der Mann nicht nur ein wertvoller Mitarbeiter im kaufmännischen Bereich, sondern engagiere sich darüber hinaus in der betrieblichen Suchtberatung. So würden zunächst negativ wirkende Lebensläufe positiv gewandelt. Der Geschäftsführer von Schneider Electrics Regensburg, Manfred Vogl, betonte das Engagement seiner Belegschaft zur Integration von Menschen mit Behinderung. So hätten sich einige Mitarbeiter sogar selbst die Gebärdensprache beigebracht, um ihre gehörlosen Kollegen besser integrieren zu können. Und ein Rollstuhlfahrer sehe sich auch beim Betriebsausflug in die Berge dank hilfreicher Kollegen keinen unüberwindlichen Schwierigkeiten mehr gegenüber. Dieser Einsatz der Mitarbeiter mache sich durch ein hervorragendes Betriebsklima bezahlt. Dass so etwas keine rein interne Angelegenheit ist, stellte Tobias Munzel, Integrationsbeauftragter der AUDI AG klar: „Wer möchte schon Autos von einem Unternehmen kaufen, das seine Mitarbeiter schlecht behandelt?“

"Leuchtturmunternehmen" ziehen andere mit

Angesichts dieser vielfältigen Beispiele aus der Wirtschaft zeigten sich Politik und Sozialverbände optimistisch. „Unternehmen ziehen mit, wenn andere als Leuchttürme vorangehen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, Klaus Beier. Wichtig sei es nun, diese Leuchttürme auch strahlen zu lassen, daher fügte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, hinzu: „Es gibt so viele gute Beispiele, die müssen wir bekannt machen!“

Ein Anliegen, das von den Deutschen Berufsförderungswerken mit dem Expertenforum „Chefsache Inklusion“ nach Bayern nun auch in weitere Regionen getragen wird. Als nächstes ist im November 2015 ein Austausch in der Region Berlin-Brandenburg geplant. Weitere Veranstaltungen in Nord- und Mitteldeutschland sowie im Südwesten und Westen folgen 2016.

Termine, Bilder und Expertenimpulse zu "Chefsache Inklusion" finden Sie hier (klicken).