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Engagierte Arbeitspädagogen unterstützen Menschen mit Behinderung

Mitte April waren wir auf der Werkstätten:Messe in Nürnberg zu Gast: Dem Branchentreff mit Arbeitspädagogen und Inklusionsbetrieben.

Menschen mit Behinderung schlendern mit ihren Gruppenleitern durch die reichlich dekorierten Messehallen der Messe Nürnberg. Fürsorgliche Eltern schieben ihren erwachsenen Sohn, der im Rollstuhl sitzt, durch die Gänge. Ein Junge mit Downsyndrom versorgt am Stand der Werkstatt, in der er tätig ist, alle Passanten mit schokolierten Kaffeebohnen, die er sonst in Boxen abfüllt. Es ist Werkstätten:Messe in Nürnberg.

Von 14. bis 17. April 2016 erlebten rund 18.000 Besucher was Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) leisten, welche Produkte sie herstellen, welche Dienstleistungen sie anbieten und vor allem, wie sie Arbeit und Qualifizierung für Menschen mit Behinderung gestalten. Etwa 200 Aussteller präsentierten ihr Leistungsangebot. So auch wir vom Berufsförderungswerk München (BFW). Uns ging es insbesondere um den Ausbildungsgang „Arbeitspädagoge/-in“. Arbeitspädagogen arbeiten überwiegend als Fachkräfte in WfbMs.

Willi und Harry freuen sich riesig über die grünen Käppies, die ihnen Uwe Gäbelein am BFW-Stand schenkt. Gäbelein kennt die zwei geistig behinderten Männer: sie arbeiten in einer Werkstatt in der Region, wo er derzeit ein Praktikum absolviert. Auf der Messe unterstützt er die Aussteller des BFW eifrig – als hautnahes, greifbares Beispiel eines Teilnehmers an einer beruflichen Rehabilitation. Er befindet sich in der Endphase seiner Umschulung zum Arbeitspädagogen im BFW. Der 52-Jährige ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann. Nach einem Burnout und einer medizinischen Reha schult er in Kirchseeon um. Begeistert berichtet er von der Erfahrung, die er bereits in Werkstätten hat sammeln können: „Man erlebt dort eine Herzlichkeit, die man in der freien Wirtschaft nicht findet.“

Die Werkstätten:Messe gilt als bundesweiter Branchentreff der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. „Das ist die größte Ausstellung ihrer Art“, sagt Carina Hörner, die den „Arbeitspädagogen“ vor drei Jahren im BFW etabliert hat. Gerne gibt sie die begehrten BFW-Kalender an die Messebesucher aus. Dem Fachpublikum erklärt sie Aufbau und Inhalte der Ausbildung zum Arbeitspädagogen. Und sie macht durch gute Kontaktpflege auch neue Praktikumsplätze in WfbMs für ihre Schützlinge klar.

WfbMs bieten über 300.000 Menschen Arbeit und Qualifizierung, die es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt so nicht gibt. Schwerbehinderte erleben so Teilhabe am Arbeitsleben, erlernen Berufe und neue Fähigkeiten. Und sie erleben, dass sie wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft sind. In Deutschland gibt es 682 Werkstätten laut Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen e.V. (BAG). Die Anzahl in Deutschland lebender schwerbehinderter Menschen beziffert die BAG auf 7,3 Millionen. „Etwa 9% der deutschen Bevölkerung gilt als schwerbehindert.“, sagt Hörner. Nach § 2 SBG IX sind Menschen schwerbehindert, „wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt“. Gleichgestellt werden können auch behinderte Menschen mit einem Behinderungsgrad von mindestens 30.

„In einer Werkstattgruppe kommen auf eine Fachkraft etwa 12 Teilnehmer“, erzählt Hörner. Die Diplom-Sozialpädagogin mit einem Master in Sozialmanagement hat seit der Ausbildung zur Erzieherin, mit der sie ihre Karriere begann, viele Jahre Branchenerfahrung gesammelt. Heute liege der Schwerpunkt der Arbeit in Werkstätten nicht mehr einzig auf dem Handwerk. Menschen mit Behinderung seien inzwischen verstärkt im Dienstleistungsbereich tätig, wie z.B. Verpackung, Reinigung, Küche oder im Datenservice. Daher kämen auf angehende Arbeitspädagogen auch anspruchsvolle organisatorische Tätigkeiten zu.

Die Ausbildung beinhaltet neben den theoretischen Schulungen auch einen Erste-Hilfe-Kurs, eine Hygieneeinweisung, den Ausbildereignungsschein und diverse Werklehrgänge. „Allgemein unterscheidet man zwischen kognitiven, körperlichen und psychischen Erkrankungen“, erklärt Hörner. Im Theorieunterricht spricht sie mit Ihren Schülern über Behinderungsbilder, pädagogische Ansätze und andere fachliche Themen. Ziel der Tätigkeit in Behindertenwerkstätten sei es laut Gesetzgebung letzten Endes, „den Klient auf den freien Arbeitsmarkt vorzubereiten und zu vermitteln.“

Arbeitspädagogen arbeiten nicht nur in WfbMs, wo sie Menschen mit Behinderung eigenverantwortlich fördern und betreuen. Sie sind auch in der Suchtkrankenhilfe oder in der Jugendberufshilfe tätig.

Uwe Gäbelein wird nach erfolgreicher Prüfung im September dieses Jahres in einem Inklusionsbetrieb arbeiten. Der angehende Arbeitspädagoge freut sich bereits darauf, denn nach seinen bereits abgeleisteten Praktika sagt er: „Ich habe endlich wieder Spaß an der Arbeit.“ Vielleicht wird er dann im nächsten Jahr auf der Werkstätten:Messe mit seiner eigenen Gruppe vorbeischauen.

Interesse am Beruf des Arbeitspädagogen? Dann schauen Sie doch auf einem unserer nächsten "Info-Tage" vorbei!