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(Fast) allein unter Männern: Als Frau im Werkschutz

Sie lächelt, ist adrett gekleidet mit weißer Bluse, Blazer und orangefarbenem Halstuch: Nadine Schulze arbeitet beim Werkschutz.

Sie lächelt, ist adrett gekleidet mit weißer Bluse, Blazer und orangefarbenem Halstuch – und hat nichts mit einem finster dreinschauenden Türsteher gemeinsam: Nadine Schulze arbeitet als Fachkraft für Schutz und Sicherheit bei der Firma BSH in Traunreut. Rund 3000 Mitarbeiter des Hausgeräte-Herstellers müssen täglich an ihr vorbei, dazu kommen noch Lieferanten, Spediteure, Kunden mit Reparaturaufträgen und viele mehr.
 

Der Werkschutz sorgt unter anderem dafür, dass keine Unbefugten das Gelände betreten und die Waren auch nur abholt, wer dazu berechtigt ist. Mehr als zwei Millionen Geräte werden in Traunreut im Schnitt pro Jahr gefertigt: vom Warmwassergerät bis zum Herd. Jeden Tag verlassen acht Zugwaggons und zwanzig Jumbo-LKWs mit Hausgeräten die Logistik. Rund um die Uhr kümmern sich die 15 Mitarbeiter vom Werkschutz um einen sicheren Ablauf.
 

Nadine Schulze ist dabei fast allein unter Männern: Außer ihr gibt es nur eine weitere weibliche Sicherheitskraft. Frauen werden in der Branche händeringend gesucht. Häufig schreckt der Schichtdienst Interessentinnen ab, auch Nadine Schulze als Mutter einer zwölfjährigen Tochter kennt die Problematik: „Bei uns hilft zum Glück der Opa, bei dem wir auch wohnen“, ist sie dankbar.
 

Frauen haben ihrer Meinung nach in der Sicherheitsbranche sogar Vorteile: „Wir können besser reden“, schmunzelt sie, Frauen wirken in Krisensituationen eher deeskalierend. Angst kennt die 31jährige keine, auch wenn nächtliche Kontrollgänge über das mehr als 400.000 Quadratmeter große Betriebsgelände zu den Aufgaben des Werkschutzes gehören. Selbstverteidigungstechniken standen während der Ausbildung regelmäßig auf dem Stundenplan, Nadine Schulze hat zudem die Sachkundeprüfung für das Bewachungsgewerbe abgelegt und dabei neben diversen rechtlichen und technischen Grundlagen auch den Umgang mit Waffen gelernt.
 

„Rechtskunde hat mich schon immer interessiert“, sagt Schulze, die nach dem Hauptschulabschluss zunächst eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin machte. Drei Jahre lang arbeitete sie in dem Beruf. Doch ihre Knie hielten der Belastung nicht stand, die Ärzte bescheinigten überdehnte Kreuzbänder und Abnutzungserscheinungen am Knorpel. Nadine Schulze schlug sich mit Teilzeit-Jobs als Verkäuferin durch, bis sie 2015 als Ungelernte in die Sicherheitsbranche wechselte. In einer Einkaufspassage arbeitete sie u.a. als Ladendetektivin und war für Parkplatzkontrollen zuständig.
 

Um sich weiter zu qualifizieren, wollte Nadine Schulze im Berufsförderungszentrum (BFZ) Peters zunächst nur die Sachkundeprüfung für das Bewachungsgewerbe absolvieren mit einem entsprechenden Vorbereitungskurs. Dabei erfuhr sie von der Möglichkeit, eine Vollausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit zu machen. Ein Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit Traunstein ermöglichte ihr den beruflichen Neubeginn.
 

Alles lief gut, Nadine Schulze absolvierte grade ein zur Ausbildung gehörendendes Praktikum, als die Hiobsbotschaft kam: Das BFZ Peters kündigte an, den Ausbildungsbetrieb zu schließen, rund 200 Umschüler waren betroffen. Das Berufsförderungswerk München in Kirchseeon sprang in die Bresche und übernahm im September 2018 die laufenden Kurse vom BFZ. Ende gut, alles gut: Nadine Schulze konnte nahtlos an die Ausbildung anknüpfen und bestand die Abschlussprüfung. Ihre heutige Stelle konnte sie sich übrigens schon vor der Prüfung sichern: Ihr Vertrag lag fertig in der Schublade. Künftig will sie vielleicht sogar noch einmal die Schulbank drücken: Sie plant, den Ausbilderschein und eventuell sogar noch den „Meister für Schutz und Sicherheit“ zu machen.
 

Der nächste Kurs für Fachkräfte für Schutz und Sicherheit beginnt am 24. Juni 2020.