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Kein Tag gleicht dem anderen: Als Arbeitspädagoge bei der Lebenshilfe

Miguel Juez Anglade hat im BFW umgeschult und arbeitet nun als Gruppenleiter bei der Lebenshilfe Werkstatt München.

Drei grüne Smileys sind das Nonplusultra: Für den behinderten Peter M. bedeuten sie, dass er alles richtiggemacht hat und er eine halbe Stunde die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Gruppenleiters bekommt. „Wir spielen oder malen dann zur Belohnung“, erklärt der Arbeitspädagoge Miguel Juez Anglade. Er hat im Berufsförderungswerk (BFW) München in Kirchseeon zum Arbeitspädagogen umgeschult und ist seit 2018 bei der Lebenshilfe Werkstatt München beschäftigt.

Die Lebenshilfe unterstützt Menschen mit Behinderung bei der Eingliederung und Teilhabe am Arbeitsleben. Mehr als 500 Mitarbeiter mit Behinderung arbeiten an den Standorten in München und Putzbrunn in den verschiedensten Bereichen von der Aktenvernichtung über Catering und Metallverarbeitung bis zur Wäscherei. Die 24 Teilnehmer in der Gruppe von Miguel Juez Anglade arbeiten in der Montage. Aktuell bauen sie Batterie-Entgasungsschläuche für einen großen bayerischen Automobilhersteller zusammen.

Jeder arbeitet in seinem Tempo, abgestimmt auf seinen Behinderungsgrad: „Wir üben keinen Druck aus in Bezug auf die Leistung“, sagt Miguel Juez Anglade. Während ein Teilnehmer am Tag vielleicht nur 10 bis 15 Schläuche fertigstellt, schafft ein anderer 300. Ein Großteil der Gruppe hat leichte bis mittelgradige geistige Behinderungen, viele haben Trisomie 21, das sogenannt Down-Syndrom. Das Alter reicht von 19 bis 61 Jahren. „Keiner gleicht dem anderen“, so Juez. So gibt es zum Beispiel zwei Rollstuhlfahrer in der Gruppe, die eine andere Betreuung benötigen als ein Autist. Wenn jemand besonders selbstständig ist, schafft er eventuell den Sprung aus der Werkstatt in eine der Außengruppen der Lebenshilfe. Im Münchener Tierpark Hellabrunn sorgen beispielsweise bis zu 14 Menschen mit unterschiedlicher Behinderung für die Sauberkeit der Besucherwege.

Die Planung und Organisation der Arbeitsabläufe aber auch die Betreuung und Anleitung der beeinträchtigten Menschen fällt dabei in den Aufgabenbereich der Arbeitspädagogen. Vier weitere Umschüler aus Kirchseeon haben nach der Ausbildung im Berufsförderungswerk München einen Arbeitsplatz bei der Lebenshilfe gefunden, aktuell ergänzt auch eine Praktikantin vom BFW das Team. Die Ausbildung ist bayernweit einzigartig, entsprechend begehrt sind die Absolventen.

Auch der Arbeitsvertrag für Miguel Juez Anglade lag bereits in der Schublade, als er noch sein zur Ausbildung gehörendes Praktikum absolvierte. 15 Jahre lang hatte der gelernte Hotelfachmann zuvor in einer Führungsposition im Gastgewerbe gearbeitet, bis es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ging. „Mir war klar, dass ich etwas im sozialen Bereich machen wollte.“ Beim Infotag im BFW wurde er auf den Beruf des Arbeitspädagogen aufmerksam. „Hier bin ich richtig“, war der erste Eindruck und im dritten Anlauf nach zwei Ablehnungen seines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben klappte es dann und er erhielt einen Bildungsgutschein.

Die Entscheidung für den neuen Beruf und die Umschulung in Kirchseeon würde er jederzeit wieder so treffen: „Ich liebe die Abwechslung und den Umgang mit den Menschen. Sie strahlen eine solche Lebensfreude aus und es ist schön, ein Teil davon zu sein“, schwärmt von seinem neuen Beruf. Im Urlaub vermisst er die Arbeit und habe regelrecht „Entzugserscheinungen“: „Ich bin dankbar, dass es mir so schlecht ging, sonst hätte ich die Entscheidung für den neuen Beruf nie getroffen.“

Der nächste Kurs Arbeitspädagogin/Arbeitspädagoge startet am 18. Juni 2020.