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Mit 47 noch nicht zum alten Eisen: Neustart als Gesundheitskauffrau

Erfolg ist keine Frage des Alters, sondern der Einstellung. So lautet das Motto der 47jährigen Barbara Ziegler.

Erfolg ist keine Frage des Alters, sondern der Einstellung. So lautet Barbara Zieglers Motto: Mit 47 Jahren lernte sie im ­Berufsförderungswerk (BFW) München in Kirchseeon den ­Beruf der Gesundheitskauffrau. Nicht nur der Beruf war neu: Im BFW arbeitete sie auch erstmals an einem Computer.


In der 10. Klasse hatte die gebürtige Rosenheimerin das Gymnasium verlassen – ohne Schulabschluss. Ein familiäres ­Ereignis hatte sie aus der Bahn geworfen. Barbara Ziegler machte eine Ausbildung zur Fotolaborantin in Schwabing. Nicht grade ihr Traumberuf, meint Ziegler, „aber ohne Schulabschluss hatte ich keine große Wahl.“ 1990 schloss sie die Ausbildung erfolgreich ab und arbeitete bis 1999 als Fotolaborantin, unterbrochen nur durch den Erziehungsurlaub nach der Geburt ihres ersten Sohnes.
 

Als sie nach der Geburt ihres zweiten Sohnes wieder in den ­Beruf einsteigen wollte, hatten sich die Zeiten geändert: Durch die zunehmenden Digitalisierung mit immer mehr Online-­Fotoservices gab es keine Stellenangebote mehr für Fotolaboranten. Ziegler schlug sich mit verschiedenen Jobs durch: von der Küchenhilfe bis zur Reinigungskraft. Zuletzt arbeitete sie in einem Grafinger Café. „Der Umgang mit Kunden hat mir Spaß gemacht“, sagt Barbara Ziegler. Doch dann bekam sie Schmerzen, die immer schlimmer wurden. „Zum Schluss konnte ich mich gar nicht mehr bewegen“, erinnert sie sich. Die Ärzte bescheinigten ihr einen Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule.


Ein Jahr lang war Barbara Ziegler krankgeschrieben. Sie wollte gerne einen beruflichen Neuanfang wagen und mit ihren 47 Jahren noch nicht zum alten Eisen gehören. „Ich schaffe das“, war sie fest überzeugt und bekam schließlich grünes Licht von ihrem Kostenträger, der Deutschen Rentenversicherung Bund. Bei einem Info-Tag im BFW in Kirchseeon verschaffte sie sich einen Überblick über die angebotenen Berufe. Nach ­einer ­Arbeitserprobung fiel die Wahl auf den Beruf der Gesundheitskauffrau. Kein leichter Start: „Ich hatte vorher nichts mit Computern zu tun“, so Ziegler. Entsprechend stolz ist sie auf die IHK-Zertifikate, die ihr die erfolgreichen Prüfungen in Word, Excel und Finanzbuchhaltung bescheinigen.


„Vor allem die Kenntnisse in Finanzbuchhaltung kommen mir sehr zugute“, freut sich Ziegler, die heute bei einer ­Psychologin in München arbeitet. Nach der Abschlussprüfung hatte es zunächst gar nicht gut ausgesehen: „Ich habe viele Bewerbungen geschrieben und nur Absagen bekommen“, erinnert sich die 50jährige. Daraufhin nutzte sie das Angebot des BFW, das allen Absolventen noch bis zu sechs Monate nach der Prüfung Unterstützung bietet. Die Integrationsberaterin half, die Bewerbung zu optimieren und schlug eine Stelle vor. „Ich habe mich sofort beworben, noch am selben Tag bekam ich die Zusage für das Vorstellungsgespräch und kurz drauf den ­Arbeitsvertrag“, freut sich Barbara Ziegler.


Die Münchener Psychologin, bei der sie arbeitet, ist Sachverständige und erstellt Gerichtsgutachten in Familienrechtsverfahren – etwa wenn es nach einer Scheidung um das Umgangsrecht für ein Kind geht oder das Jugendamt ein Kind in Obhut nimmt. Barbara Ziegler kümmert sich z.B. um Anschreiben an die Gerichte, um die ­Büroorganisation sowie um das Abtippen und Versenden der Protokolle. Die oft schweren und traurigen Schicksale gehen der zweifachen Mutter dabei manchmal nahe: „Es ist oft traurig und zugleich spannend“, meint sie.


An ihrer Arbeit schätzt sie die Abwechslung und die freundliche Arbeitsatmosphäre. Rückblickend ist Barbara ­Ziegler froh, dass sie den beruflichen Neustart gewagt und die Ausbildung durchgezogen hat: Dank der Unterstützung der ­Ausbilder und Psychologen im BFW. „Ich würde es wieder machen und kann nur jedem raten, für die Umschulung zu kämpfen.“