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Vom Knochenjob zur Krankenkasse: Postbote wird Kundenbetreuer

Christian Vogg hat im BFW München zum Sozialversicherungsfachangestellten umgeschult. Jetzt arbeitet er als Kundenbetreuer bei einer Krankenkasse.

Früher hat Christian Vogg (42) an die Einwohner des Marktes Diedorf im Landkreis Augsburg Briefe und Pakete zugestellt. Heute kümmert er sich als Kundenberater für die Siemens-Betriebskrankenkasse um die Anliegen der Krankenkassenmitglieder.


Von den deutschlandweit ca. 1,1 Millionen Mitgliedern, die bei der SBK gesetzlich krankenversichert sind, betreut Vogg ca. 3000 Versicherte. „Ich bin ihr persönlicher Ansprechpartner, berate sie bei Problemen und bearbeite ihre Anträge.“ Dazu zählen neben Krankengeld auch die Kostenübernahme von Leistungen wie z. B. Haushaltshilfe, Zahnersatz, Kieferorthopädische Behandlungen oder Mutterschaftsgeld.


An seinem Arbeitsplatz in der Augsburger Geschäftsstelle der SBK ist Vogg oft im Stehen tätig. Froh ist er, dass ihm sein neuer Bürojob schmerzfreies Arbeiten ermöglicht. „Noch bin ich aber in den Lehrjahren, denn als Quereinsteiger muss ich mich natürlich noch in die Unternehmensprozesse einarbeiten“, sagt der in Gessertshausen wohnende Schwabe. Für die SBK arbeitet er seit August 2020, nachdem er im Berufsförderungswerk (BFW) München zum Sozialversicherungsfachangestellten umgeschult hat.


Nach dem Realschulabschluss hatte Vogg die Ausbildung zur „Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr“ bei der Deutschen Post absolviert. „Ich habe meine Arbeit sehr gerne gemacht. Als Postbote bist du dein eigener Herr“, erinnert er sich. Doch zur Arbeit in der Verbundzustellung gehört das Tragen schwerer Pakete – und dieser Knochenjob forderte seinen Tribut: vier Jahre habe Vogg nur noch unter Schmerzen gearbeitet, sei teilweise „auf allen Vieren die Treppen hoch“. Nach insgesamt 18 Jahren Paketschleppen spielte das „kaputte Kreuz“ nicht länger mit. Die Diagnose lautete „Lumboischialgie“ mit dauerhaften Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, eine Folge von Abnutzungserscheinung aufgrund seiner schweren körperlichen Tätigkeit.


Während der medizinischen Reha wurde Vogg zu einer Umschulung geraten, die ihm die Deutsche Rentenversicherung bewilligte. Im Mai 2018 kam er zur Berufsfindung und Arbeitserprobung in die Augsburger Geschäftsstelle des BFW München: „Da konnte ich testen, was ich kann und was für mich beruflich möglich wäre“, erzählt er. Während des Krankenstandes sei bei ihm der Berufswunsch Verwaltungsfachangestellter entstanden. Nach den Testungen konnte ihm die BFW-Psychologin auch eine klare Befürwortung dafür aussprechen.


Als jedoch die Anmeldung dafür zu spät erfolgte, riet ihm der Reha-Berater alternativ zur Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Ernüchterung bei Vogg: „Das war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.“ Erst der Besuch des Info-Tags des BFW München konnte ihn zuversichtlich stimmen. Als die Ausbilderin den Beruf und seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten vorgestellt hatte, sei er überzeugt gewesen, dass es das Richtige sei. Zwar sei der Ausbildungsgang daher sozusagen eher „Zufall oder Gottes Wille“ gewesen, aber er habe sich auf den Kursbeginn im Juli 2018 dann „wirklich gefreut“. 


Aufgrund der Entfernung und zunächst eher zähneknirschend zog der Familienvater für die Umschulung ins Kirchseeoner Internat. Besonders seiner Frau sei er für ihre Unterstützung dankbar, die mit den zwei Kleinkindern zuhause „alleinerziehend“ war. „Rückblickend war es aber die einzig richtige Entscheidung. Dank der Ruhe fernab vom Familientrubel konnte ich mich voll und ganz auf die Ausbildung konzentrieren“, sagt Vogg. Jeden Abend habe er die Mitschriften aus dem Unterricht nachgearbeitet. Zum Ausgleich ging er zur Wassergymnastik oder zum Nordic Walken. Gerne lief er auch mit den Klassenkamerad*innen eine Runde und weiß: „Ohne den Kurszusammenhalt hätte ich es nicht geschafft.“


Richtig bewusst wurden ihm die Vorzüge der „Komfortzone“ Internat, als die Ausbildung aufgrund der Corona-Pandemie in den Distanzmodus wechselte. Nach dem dreimonatigen externen Praktikum war ganz abrupt „Lernen zuhause“ angesagt. „Corona hat wahnsinnig Substanz gekostet“, erzählt Vogg. Doch seine Mühen und das häufige nächtliche Lernen haben sich gelohnt: Vogg hat die Abschlussprüfung vor dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bestanden und die Umschulung erfolgreich abgeschlossen.


Sein Tipp: „Versuchen Sie, Ihr altes Leben zurückzulassen und lassen Sie sich voll auf das Neue ein, das Sie im BFW und danach erwartet!“


Der nächste Kurs zum/r Sozialversicherungsfachangestellte/n im BFW München startet am 8. Juli 2021.